Gazeta Wyborcza vom 14.05.2014
Die Tragödie der polnischen Flüsse. Ohne Sinn vertiefen wir sie, räumen sie aus und umgeben sie mit Wällen
Von Michał Olszewski, Adam Wajrak
Im ganzen Land
werden mit aller Macht kleine und mittlere Flüsse reguliert. Die Folgen sind
eine erhöhte Hochwassergefahr, Verwüstung der Natur und das Risiko riesiger
finanzieller Verluste
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Nowa Biała bei Przełom Białki - Arbeiten beim Wallbau
|
An der kleinpolnischen Skawa hört man trotz Brutsaison
das Geräusch der Kettensägen. Der Weide-Wald-Verband aus Jaroszowice sorgt für
Ordnung. - Ich räume nur den Windbruch auf
- versichert der im Wald angetroffene Holzfäller, obwohl es schwer fällt daran
zu glauben.
Mitten im wertvollen Auwald sieht man eine breite Einschlagfläche. – das war Gestrüpp! Weidengebüsche, Gebüsche halten das Wasser und den Schlamm, und was für ein Gestank davon ausgeht nach jedem Hochwasser. Was schützt man hier? – wundert sich über unser Interesse Ludwig Fila, der Präsident des Verbandes.
Die richtige Abholzung beginnt jedoch erst noch. Bis zum 15. Dezember möchte das Wasserwirtschaftsamt in Krakau in dem Auen-Gebiet 1,2 Tausend Bäume fällen lassen. Dieser Teil der Investition ist 17 Mio. Zloty wert. Der Auwald verschwindet, am Fluss erscheinen Steinschüttungen: quer zur Anlage von vier Stauschwellen und längst zur Stabilisierung der Ufer.
Das Regionale Wasserwirtschaftsamt erklärt, dass die
Arbeiten notwendig sind, weil den Uferbereichen eine Zerstörung drohe. Drei
Kilometer stromaufwärts schneidet die Flussaue ein gigantischer Staudamm in
Świnna Poręba, erbaut seit 1985. Zu welchem Zweck? Für den Hochwasserschutz
der unterhalb gelegenen Gebiete, einschließlich Krakau. Es zeigt sich jedoch,
dass der durch den Wasserablass in Gebieten unter dem Staudamm Schäden
anrichten kann.
Der Damm arbeitet noch nicht in voller Auslastung, aber seine Auswirkungen sind schon erkennbar. Das Bauwerk verhindert den natürlichen Prozess der Verlagerung von Sohlsedimenten, also von Steinen und Kies. Das Gewässerbett tieft sich ein und das Wasser fließt schneller ab. Der Fluss überschwemmt nicht mehr die angrenzenden Felder so wie früher, aber bei höheren Wasserständen beginnt er den Boden abzutragen – Ludwik Fila erklärt, dass der Fluss innerhalb der vergangenen paar Jahre etwa 20 ha Land mitgenommen hat.
Wenn das Wasser im Brunnen versiegt
Um zu sehen, was an den polnischen Flüssen geschieht, muss man nicht so spektakuläre Investitionen wie den Staudamm in Świnna Poręba betrachten. Seit Jahren dauert bei uns der Ausbau der kleinen und mittleren Flüsse an. Laut den Daten der Umweltschutzorganisation WWF wurden in den Jahren 2010-2013 durch die Meliorationsämter der Wojewodschaften für etwa 16.000 km Flussläufe Ausbaggerungen veranlasst.
Die meisten Arbeiten, ähnlich wie in Świnna Poręba, werden unter der Flagge der Hochwasserbekämpfung durchgeführt. – Die Maßnahmen bewirken meistens den gegenteiligen Effekt, als den beabsichtigten. Sie verwüsten nicht nur die Landschaft und die Natur, sondern sie führen auch zu wirtschaftlichen Verluste, mindestens solche wie der Verlust von Bodenfruchtbarkeit oder schlechtere Wasserqualität – sagt Dr. Przemysław Nawrocki vom WWF, Spezialist im Bereich Schutz von Flussökosystemen.
Laut Prof. Roman Zurek, ein Naturschützer des Naturschutzinstituts PAN, beklagen sich 70% der kleinpolnischen Gemeinden über die Absenkung der Grundwasserstände. – Einer der Ursachen sind die hydrotechnischen Arbeiten. Unbedachte Eingriffe bewirken Tiefenerosion und die Austrocknung von Flussablagerungen. Danach wundern sich die Leute, dass ihnen das Wasser im Brunnen versiegt oder dass die Überschwemmung größere Schäden verursacht – sagt der Wissenschaftler.
Wir bedanken uns beim Biber
Komplett natürliche Flüsse gibt es in Polen kaum. Die meisten wurden in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts reguliert, als auf landwirtschaftlichen Flächen das Problem der Überfluss an Wasser war und nicht sein Mangel. Ein regulierter Fluss gewinnt nie wieder seinen völlig ursprünglichen Charakter zurück, aber er kann viele naturnahe Eigenschaften zurückerlangen. – Im Fall der Bergflüsse, in denen die Hochwasser gewaltige Kräfte haben, kann der natürliche Charakter sich relativ schnell wieder einstellen, innerhalb weniger Jahre. Wenn die Ufer nicht betoniert sind, reichen bereits ein oder zwei solide Hochwasser. Im Fall der Niederungsflüsse kann der Prozess zur Einstellung eines natürlichen und morphologischen Gleichgewichts aus eigener Kraft mehrere Jahrzehnte dauern oder nie wieder eintreten – erklärt Dr. Mateusz Grygoruk von der Warschauer Universität für Life Science (SGGW).
Während man im Westen Europas viele Flüsse unter Aufwand riesiger Finanzmittel renaturiert, haben wir das gewissenmaßen als Geschenk bekommen. Aus Geldmangel gewannen viele kleine Flüsse ihre natürlichen Eigenschaften zurück. Eine Menge gute Arbeit hat der Biber geleistet, der Dämme baut, die bewirkten, dass der Fluss zu mäandrieren begonnen hat. Der Biber hat auch viele Ufer zerwühlt und ihren damit ihren natürlichen Charakter verliehen.
Große Hochwasser sowie der Beitritt Polens zur EU bewirkten, dass im Land sehr viel Geld für neue Flussregulationen sowie zur baulichen Wiederherstellung der sich bereits von selbst renaturierten Flüssen, zur Verfügung steht. Die hydrotechnischen Arbeiten verliefen in einem einmaligen Ausmaß.
Der Damm arbeitet noch nicht in voller Auslastung, aber seine Auswirkungen sind schon erkennbar. Das Bauwerk verhindert den natürlichen Prozess der Verlagerung von Sohlsedimenten, also von Steinen und Kies. Das Gewässerbett tieft sich ein und das Wasser fließt schneller ab. Der Fluss überschwemmt nicht mehr die angrenzenden Felder so wie früher, aber bei höheren Wasserständen beginnt er den Boden abzutragen – Ludwik Fila erklärt, dass der Fluss innerhalb der vergangenen paar Jahre etwa 20 ha Land mitgenommen hat.
Wenn das Wasser im Brunnen versiegt
Um zu sehen, was an den polnischen Flüssen geschieht, muss man nicht so spektakuläre Investitionen wie den Staudamm in Świnna Poręba betrachten. Seit Jahren dauert bei uns der Ausbau der kleinen und mittleren Flüsse an. Laut den Daten der Umweltschutzorganisation WWF wurden in den Jahren 2010-2013 durch die Meliorationsämter der Wojewodschaften für etwa 16.000 km Flussläufe Ausbaggerungen veranlasst.
Die meisten Arbeiten, ähnlich wie in Świnna Poręba, werden unter der Flagge der Hochwasserbekämpfung durchgeführt. – Die Maßnahmen bewirken meistens den gegenteiligen Effekt, als den beabsichtigten. Sie verwüsten nicht nur die Landschaft und die Natur, sondern sie führen auch zu wirtschaftlichen Verluste, mindestens solche wie der Verlust von Bodenfruchtbarkeit oder schlechtere Wasserqualität – sagt Dr. Przemysław Nawrocki vom WWF, Spezialist im Bereich Schutz von Flussökosystemen.
Laut Prof. Roman Zurek, ein Naturschützer des Naturschutzinstituts PAN, beklagen sich 70% der kleinpolnischen Gemeinden über die Absenkung der Grundwasserstände. – Einer der Ursachen sind die hydrotechnischen Arbeiten. Unbedachte Eingriffe bewirken Tiefenerosion und die Austrocknung von Flussablagerungen. Danach wundern sich die Leute, dass ihnen das Wasser im Brunnen versiegt oder dass die Überschwemmung größere Schäden verursacht – sagt der Wissenschaftler.
Wir bedanken uns beim Biber
Komplett natürliche Flüsse gibt es in Polen kaum. Die meisten wurden in den 50er und 60er Jahren des vergangenen Jahrhunderts reguliert, als auf landwirtschaftlichen Flächen das Problem der Überfluss an Wasser war und nicht sein Mangel. Ein regulierter Fluss gewinnt nie wieder seinen völlig ursprünglichen Charakter zurück, aber er kann viele naturnahe Eigenschaften zurückerlangen. – Im Fall der Bergflüsse, in denen die Hochwasser gewaltige Kräfte haben, kann der natürliche Charakter sich relativ schnell wieder einstellen, innerhalb weniger Jahre. Wenn die Ufer nicht betoniert sind, reichen bereits ein oder zwei solide Hochwasser. Im Fall der Niederungsflüsse kann der Prozess zur Einstellung eines natürlichen und morphologischen Gleichgewichts aus eigener Kraft mehrere Jahrzehnte dauern oder nie wieder eintreten – erklärt Dr. Mateusz Grygoruk von der Warschauer Universität für Life Science (SGGW).
Während man im Westen Europas viele Flüsse unter Aufwand riesiger Finanzmittel renaturiert, haben wir das gewissenmaßen als Geschenk bekommen. Aus Geldmangel gewannen viele kleine Flüsse ihre natürlichen Eigenschaften zurück. Eine Menge gute Arbeit hat der Biber geleistet, der Dämme baut, die bewirkten, dass der Fluss zu mäandrieren begonnen hat. Der Biber hat auch viele Ufer zerwühlt und ihren damit ihren natürlichen Charakter verliehen.
Große Hochwasser sowie der Beitritt Polens zur EU bewirkten, dass im Land sehr viel Geld für neue Flussregulationen sowie zur baulichen Wiederherstellung der sich bereits von selbst renaturierten Flüssen, zur Verfügung steht. Die hydrotechnischen Arbeiten verliefen in einem einmaligen Ausmaß.
Nach der Flut im Jahr 2001 hat die Europäische Investitionsbank Polen 250 Mio. € Darlehen für den Wiederaufbau von beschädigten Wasseranlagen bereitgestellt. Zusammen mit der eigenen Einlage ergeben sich 385 Mio. €. Von diesem Geld entstanden im ganzen Land u.a. Tausend kleine Wasser-Projekte, die zum Teil Weiden, Wälder und Brachen vor Überschwemmungen schützen. – Anstatt ein Entschädigungssystem für Landwirte aufzubauen, deren Felder in Überflutungsbereichen liegen, wählte man in Polen schwere und teure Methoden, die unser natürliches Erbe zerstören – bemerkt Prof. Roman Żurek.
Fischereiliches Ödland
Die Ergebnisse der Meliorationsarbeiten sieht man sogar an der relativ kleinen Łydynia, die in der Gegend von Ciechanow in Mazowien (Region um Warschau) fließt. Der Polnische Anglerverband gab eine Expertise in Auftrag, die feststellen sollte, welche Auswirkungen die Melioration auf die in ihr lebenden Fische hatte. Im Jahr 2005, also ein halbes Jahr vor dem Beginn der Arbeiten an dem über 500 m langem Abschnitt, wurden dort 852 Fische, die zu 13 Arten gehören, festgestellt. Die Gesamtmasse der gefangenen Fische betrug ca. 7 kg, was umgerechnet auf einen ha Wasserfläche 33,5 kg entspricht. Dort lebten u.a. Hecht, Rotauge, Aland, Flussbarsch, Bachforelle, Döbel, Gründling, Bachschmerle und Neunstachliger Stichling.
Nach den Meliorationsarbeiten im April 2008 wurde an
demselben Abschnitt ein Kontrollfang durchgeführt. Es zeigte sich, dass statt
der 13 Fischarten nur noch 4 vorkamen. Die Masse der Fische pro Hektar fiel von
33 kg auf einen halben kg. Es verschwanden die ökonomisch wertvollen Arten
sowie die, die unter Schutz stehen.
Die Folgen der Regulation werden noch viele weitere Jahre sichtbar sein. Die Łydynia ist zu einem Angler-wirtschaftlichem Ödland geworden – resumiert der Autor der Untersuchung Prof. Wiesław Wiśniewolski von dem Binnenfischerei-Institut.
Die Ner ist ein mittelgroßer Fluss mit einer Länge von 130 km, der durch die Wojewodschaften Wielkopolski und Lodzki fließt. Einige feuchte Wiesen entlang dieses Flusses sind bzw. waren ein Paradies für Vögel. Im Herbst 2007 fuhren die Bagger in das Flussbett. Der Sohle wurde teilweise um bis zu 1,5 m abgesenkt. Der Wasserspiegel fiel und mit ihm flogen die am Fluss brütenden Vögel Hals über Kopf davon. – Im Jahr 2008 halbierte sich im Durchschnitt die Anzahl von 29 Feuchtwiesen-Arten. Gänzlich zogen sich zurück: Haubentaucher, Tüpfelsumpfhuhn, Lachmöwe, Weißbart-Seeschwalbe, Trauerseeschwalbe und Schwarzhalstaucher. Im Jahr 2009 war es noch schlimmer – errechnete Dr. Przemysław Chylarecki von der Allpolnischen Vogelschutz-Gesellschaft (OTOP). Die Gesellschaft erklärte, dass die Arbeiten an der Ner einen erheblichen Schaden für die Umwelt verursachten. Das Verfahren in dieser Angelegenheit läuft noch.
Die Folgen der Regulation werden noch viele weitere Jahre sichtbar sein. Die Łydynia ist zu einem Angler-wirtschaftlichem Ödland geworden – resumiert der Autor der Untersuchung Prof. Wiesław Wiśniewolski von dem Binnenfischerei-Institut.
Die Ner ist ein mittelgroßer Fluss mit einer Länge von 130 km, der durch die Wojewodschaften Wielkopolski und Lodzki fließt. Einige feuchte Wiesen entlang dieses Flusses sind bzw. waren ein Paradies für Vögel. Im Herbst 2007 fuhren die Bagger in das Flussbett. Der Sohle wurde teilweise um bis zu 1,5 m abgesenkt. Der Wasserspiegel fiel und mit ihm flogen die am Fluss brütenden Vögel Hals über Kopf davon. – Im Jahr 2008 halbierte sich im Durchschnitt die Anzahl von 29 Feuchtwiesen-Arten. Gänzlich zogen sich zurück: Haubentaucher, Tüpfelsumpfhuhn, Lachmöwe, Weißbart-Seeschwalbe, Trauerseeschwalbe und Schwarzhalstaucher. Im Jahr 2009 war es noch schlimmer – errechnete Dr. Przemysław Chylarecki von der Allpolnischen Vogelschutz-Gesellschaft (OTOP). Die Gesellschaft erklärte, dass die Arbeiten an der Ner einen erheblichen Schaden für die Umwelt verursachten. Das Verfahren in dieser Angelegenheit läuft noch.
Viele durchgeführte Arbeiten
an kleinen Flüssen wirken natürlich harmlos im Vergleich zu dem, was an der Ner
oder an der Łydynia geschehen ist. Was ist so schlecht daran, wenn
ein Bagger den Fluss um einige Zentimeter vertieft und etwas Mulm entnimmt? In
der Praxis bedeutet das die Zerstörung von vielen Kleinstlebensräumen und eine
Beschleunigung des Abflusses. Richtig, dem Bauern überschwemmt nicht die Wiese,
aber das Risiko, dass ein Hochwasser das Dorf oder die Stadt flussabwärts
gefährdet ist bedeutend größer.
Wenn es keine Eintagsfliegen gibt
Darüber wie kleine polnische Flüsse aus der Vogelperspektive aussehen, erzählt Dr. Przemysław Nawrocki vom WWF: - Es entsteht ein Projekt, meistens ist der Vorwand die Notwendigkeit der Grundräumung um ein Gebiet vor Überflutungen zu schützen. Bei dieser Gelegenheit kann man das Flussbett begradigen und an den Ufern Wälle anlegen. Dadurch entsteht anstatt eines Flusses eine Rinne. Und selbst wenn an der regulierten Stelle das Wasser nicht über die Ufer tritt, dann beschleunigt es sich bei hohen Wasserständen und nimmt sich was ihm gehört in dem darunter gelegenen Abschnitt.
Was nach solchen Eingriffen bleibt, zeigt das Beispiel der zwischen Feldern fließenden Śliny in der Wojewodschaft Podlaski. Nach dem Auftrag zur Ausbaggerung durch das Meliorationsamt (WZMiUW) haben Angler und Naturschützer untersucht wie sich das auf das Ökosystem auswirkt. – Die Ergebnisse waren katastrophal, erzählt Jerzy Łucki, der Direktor des Polnischen Angler-Verbands aus Bialystok. Die Dichte der Wirbellosen verringerte sich um 80%, es wurde eine große Population geschützter Neunaugen vernichtet. In dem Fluss verschwanden auch die Eintagsfliegen und wo es keine Eintagsfliegen gibt, verliert die Forelle ein Teil ihrer Nahrungsgrundlage. Obwohl wir seit Jahren einen Fischbesatz durchführen!
Ungewöhnlich wertvolle Auenwälder, wie der an der Skawa, fallen den hydrotechnischen Arbeiten zum Opfer. Man kann sie mit Schwämmen vergleichen, die das Wasser in nassen Perioden aufsaugen, um es in Trockenzeiten wieder abzugeben, oder mit einer natürlichen Kläranlage, sie halten nämlich Pestizide, Phosphate und Stickstoff fest. Sie verlangsamen auch eine Hochwasserwelle. Trotzdem kommen sie unter das Beil.
Was antworten die Melioraten auf diese Vorwürfe? Piotr Michaluk, der Vertreter des Direktors des Meliorationsamts von Warschau: - Wir befinden uns zwischen Hammer und Amboss. Auf der einen Seite die Naturschützer, die uns am liebsten jegliche Arbeiten verbieten würden, auf der anderen Seite haben wir die lokale Bevölkerung und die Landwirte, die ihr Land schützen möchten. Das Gesetz über öffentliche Ausschreibungen drängt uns die allerbilligsten Projekte zu suchen, und Projekte, die die restriktiven Umwelt-Anforderungen erfüllen, sind sehr teuer. Wir sind keine Feinde der Natur, aber wir stellen uns auch keine Situation vor, in der wir nichts tun.
Kostspielige Weiden
Außer dem Geld der Europäischen Investitionsbank erhielt Polen auch riesige EU-Mittel. Ihr Verbleib behält die Regierung jedoch als Staatsgeheimnis. Seit über einem Jahr laufen intensive Verhandlungen für Mittel in Höhe von 1,5 Mrd. Zloty, die für die Hochwasserschutz-Politik vorgesehen sind. Aus den Dokumenten, an die wir gelangten, geht hervor, dass die Europäische Kommission Polen anachronistische Methoden im Kampf mit dem Wasser und Missachtung der EU-Direktiven vorwirft, die eindeutig beschreiben, wie der Hochwasserschutz mit möglichst geringen Schäden für die Umwelt realisiert werden soll. Die Zahlung aus dem Fond ist nicht nur deswegen ausgesetzt, weil von Warschau nach Brüssel keine Anträge zur Erstattung der getragenen Kosten mehr fließen. Noch mehr, Polen droht eine Geld-Strafe – im Europäischen Gerichtshof wartet man auf die Bearbeitung der durch die EU-Kommission eingereichten Klage. Die EU-Beamten warten seit 2008 auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Von der Höhe der Strafe zeugt ein ähnlicher Antrag – im Fall der Erneuerbare-Energien-Richtlinie; die Strafe kann in diesem Fall 133.000 € pro Tag Verzögerung bis zur Aufnahme der EU-Regulation betragen.
Den Fluss speisen
Der Gewässerausbau hat normalerweise die Akzeptanz der
angrenzenden Bewohner. – Wir können gar nicht warten, bis die Arbeiten hier
beginnen- sagt Ludwig Fila aus Świnna Poręba. – Wenn stärkerer Regen kommt,
zittern wir, ob uns die Häuser nicht bis zum Dach überschwemmen.
Ein nachhaltigeres Verhältnis zu den Flüssen hat mit vielen Widerständen zu kämpfen. Der kleinpolnische Wojewode Jerzy Miller, der das Hochwasserschutz-Programm im Einzugsgebiet der Oberen Weichsel koordiniert, schaute sich kürzlich den Fluss Skawinka genau an. Miller verglich die Kosten für den Bau der geplanten sechs Staubecken am Fluss mit den Kosten für die Beseitigung der Schäden einer Jahrhundertflut. Es zeigte sich, dass der Bau der Staubecken sechsmal teurer wäre. Wenn jedoch der Wojewode vorschlüge ein Programm zum Ankauf der am meisten durch Hochwasser gefährdeten Immobilien zu starten, würde die lokale Bevölkerung vor Wut hochkochen und denken, dass die Regierung die Dörfer abreißen möchte.
Ein nachhaltigeres Verhältnis zu den Flüssen hat mit vielen Widerständen zu kämpfen. Der kleinpolnische Wojewode Jerzy Miller, der das Hochwasserschutz-Programm im Einzugsgebiet der Oberen Weichsel koordiniert, schaute sich kürzlich den Fluss Skawinka genau an. Miller verglich die Kosten für den Bau der geplanten sechs Staubecken am Fluss mit den Kosten für die Beseitigung der Schäden einer Jahrhundertflut. Es zeigte sich, dass der Bau der Staubecken sechsmal teurer wäre. Wenn jedoch der Wojewode vorschlüge ein Programm zum Ankauf der am meisten durch Hochwasser gefährdeten Immobilien zu starten, würde die lokale Bevölkerung vor Wut hochkochen und denken, dass die Regierung die Dörfer abreißen möchte.
Vielleicht kann die Verwüstung der polnischen Flüsse nur durch eine entschiedene Reaktion der Europäischen Kommission gestoppt werden. Irgendwann müssen wir sicher an vielen Flüssen den natürlichen Charakter wiederherstellen. Die Kosten für die Renaturierung von kleinen Flüssen kann bis zu einer halben Million Zloty pro Fluss-Kilometer betragen, also ein Vielfaches mehr, als man heute für ihre Zerstörung ausgibt.
Laut dem Bericht des WWF werden, wenn die Meliorationsarbeiten nicht gestoppt werden, bis zum Jahr 2015 insgesamt 27.000 km Flüsse vertieft worden sein. Das bedeutet jedoch, dass das Wasser noch schneller abfließt und die Auswirkungen von Dürre und Hochwasser noch deutlicher zeigen werden als bereits jetzt.
Gibt es an den polnischen Flüssen einen Kompromiss zwischen den Bedürfnissen der Anwohner und der Natur möglich?
Für die „Wyborcza” kommentiert Dr. Janusz Żelaziński, Hydrologe, Experte der Umweltkommission des Senats:
Aus ökonomischer Sicht ist es besser die Leute vom Fluss zu entfernen, als sie vor dem Wasser mit Hilfe von Wällen und teuren Regulierungsarbeiten zu schützen. Und das ist die einzige Form eines Kompromisses. Außerhalb der Agglomerationen hat keine andere Option ökonomischen Sinn. Das Problem besteht darin, dass solche Handlungen genauso radikal sind wie die Reform von Balcerowicz. Ohne sie werden jedoch die nächsten Hochwasser noch größere Schäden nach sich ziehen.
Der Original-Artikel ist nachzulesen unter: http://wyborcza.pl/1,75400,15955980,Tragedia_polskich_rzek__Poglebiamy_je__oczyszczamy_.html
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